Das General Motors-Imperium scheint kein Ende zu haben - vom kleinen City-Wagen über grossräumige Limousinen bis hin zu legendären Modellen und abgefahrenen Concept Cars - der historische Produktkatalog des Konzerns liesst sich weitgehend wie die Geschichte des Automobilbaus und der Automobilindustrie. Unter den vielen bekannten Modelllinien besitzen die Muscle Cars einen besonderen Platz. Die leistungsstarken Coupés dominierten den US-Auto-Markt in den 60ern und 70ern und erleben heute eine Renaissance unter den Oldtimer-Fans. Die Preise steigen und die Besitzer von Autos wie Pontiac, Plymouth etc, können sich glücklich schätzen - in ihrer Garage verbirgt sich ein richtiger Schatz. 1964 präsentiert der traditionsreiche amerikanische Hersteller den ersten echten Muscle-Car - den Pontiac GTO:

Die Marke Pontiac blickt aber auf eine viel längere Geschichte zurück - genauer gesagt bis ins Jahr 1893. Damals gründete Eduard M. Murphy die Pontiac Buggy Company, die in der Produktion von Kutschen spezialisiert ist. Der Sitz des Unternehmens liegt in Pontiac Michigan in der Nähe von Detroit. Am 9. April 1909 wird die Buggy Company von General Motors übernommen, die damals aus nur zwei Marken bestand - Buick und Oldsmobil. Das erste Automobil mit dem Namen Pontiac erlebte seine Premiere 1926 auf der New Yorker Motor Show. Es handelt sich um das Modell "Chief of the Sixties", das von einem starken Sechszylindermotor angetrieben wird. Die Fahrleistung, die luxuriöse Ausstattung und der attraktive Preis überzeugte das Publikum und in kürzester Zeit werden von dem Modell 76'742 Stück verkauft. Die Nachfrage und Popularität der neuen Marke steigen ständig und bis 1941 wird Pontiac der grösste Produzent in seiner Preisklasse. Sogar der Zweite Weltkrieg kann den Aufschwung nicht bremsen - zwischen 1945 und 1950 baut der GM-Konzern ganze 7 neue Werke für das von Eduard M.Murphy gegründete Unternehmen. 1955 erreichte die Marke Pontiac mit 581'860 hergestellten Automobilen einen weiteren Produktionsrekord.

1956 erlebte das Unternehmen einen Führerwechsel. Der neue General Manager heisst Bunkie Knudson, der frischen Wind in die Produktionspalette bringen will, und Wagen baut, die vor allem die Jugend ansprechen soll. Als Teil dieser neuen Entwicklung erscheint im Jahr 1961 die Tempest-Serie. Die neuen Modelle erzielen aber nicht den gewünschten Erfolg und der Hersteller sieht sich dazu gezwungen, dringend Massnahmen zu ergreifen, um den Wagen attraktiver zu präsentieren. Die Pontiac-Ingenieure entscheiden sich deswegen, den Pontiac grösser zu machen - der Radstand wird verlängert, der Motorraum vergrössert und man kehrt wieder zur bewährten Kombination aus dem Motorsport Starrachse/Schraubenfedern zurück. Der Wagen bekommt auch den grossen V8 Motor mit 6,3 Litern Hubraum. Dazu kommen spezielle Nockenwellen und Zylinderköpfe, der neue Pontiac GTO ist geboren und wird zu einer absoluten Sensation. Das amerikanische Publikum hat bis jetzt noch nie so eine Power-Leistung erlebt, die man somst nur aus dem Motorsport kennt. Der Pontiac "rennt" von 0 auf 100 km/h in 6,5 Sekunden, die Viertelmeile nimmt er in 15 Sekunden und die Höchstgeschindigkeit liegt bei 210 km/h.

Die ersten 64er GTO rollen ganz heimlich, still und leise auf die Piste. Der Grund dafür ist, dass die Firmenpolitik von damals vorsieht, dass es keine Mittelklassewagen mit mehr als 330 ci Hubraum  geben muss. Sogar die Pontiac-Manager sind völlig vom Erfolg des GTO überrascht. Das Kraftpaket schlägt wie eine Bombe ein - die ursprünglich geplanten 5'000 Stück werden schnell noch im ersten Produktionsjahr und vor der öffentlichen Vorstellung zu mehr als 32'000 Autos. Für die offizielle Premiere 1965 wird der GTO um zahlreiche Details verbessert und bekommt auch eine neue Karosserie, die sich nun vor allem durch die vertikal geordneten Scheinwerfer vom konventionellen Vorgänermodell unterscheidet. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten: Die Verkaufszahlen steigen in den ersten Monaten gleich um mehr als 100 Prozent auf etwa 75'000 Stück und das Magazin "Motor Trend" kürt den GTO zum Auto des Jahres. Bis zu Beginn der 70er erlebt der Pontiac GTO einige weitere Facelifts und sonstige Überarbeitungen, und wird somit zu einem der erfolgreichsten Modelle der amerikanischen Automobilindustrie. Das Ende der GTO-Ära stellt die Ölkrise in den späten 70ern dar. Immense Versicherungsprämien, steigende Spritpreise und scharfe Sicherheitsbestimmungen sind die Bedingungen, die die Zukunft aller Muscle-Cars gefährden.

Pontiac aktuell:

Pontiac stand bereits ein paar Mal auf der Streichliste des GM-Managements. Ende 2003 startete die Unternehmungsführung Wiederbelebungsversuche für den Klassiker und entwickelte ein Modell der Pontiac-Tochterfirma aus Australien, den neuen GTO. Mit 12'000 verkauften Autos blieb der Absatz allerdings deutlich unter dem erwarteten Niveau. Die Pontiac-Manager gaben der Legende eine zweite Chance und stellten 2005 den neuen GTO mit einem LS2-Motor aus der aktuellen Corvette-Reihe mit 400 PS vor. Obwohl sich dieses Modell deutlich besser verkaufte, konnte es die Zukunft der gesamten Marke Pontiac nicht absichern. Einige Marketingfehler führten zur Vorstellung von Produkten, die dem Markencharakter völlig widersprechen und sich schliesslich als Flop erwiesen. GM muss radikal sparen, will Saab, Hummer und Saturn loswerden. Pontiac, immerhin Erfinder der Muscle Cars, soll ganz verschwinden. Ein trockener Satz besiegelte das Schicksal einer automobilen Legende: Spätestens 2010 werde man die Marke Pontiac auslaufen lassen, Verkündete General Motors. "Phased out" heisst es im Englischen. Man werde sich nun ganz auf die Kernmarken Chevrolet, Dadillac, Buick und GMC konzentrieren. Gleichzeitig soll das Händlernetz um fast die Hälfte schrumpfen - von 6'246 Händlern im Jahr 2008 auf voraussichtlich 3'605 bis Ende 2010. Das sich amerikanische Hersteller von Marken trennen, ist nichts neues - erst 2001 zum Beispiel erwischte es Plymouth, eine Brot-und-Butter-Marke des Chrysler-Konzerns. Doch während Plymouth - abgesehen von den berühmten Modellen Cuda, GTX und Road Runner - wenig zur amerikanischen Automobilhistory beigetragen hat, genoss Pontiac über Jahrzehnte einen unvergleichlichen Ruf und war der Begründer einer ganzen Generation von Fahrzeugen, die Amerikas Autokultur bis heute so faszinierend macht: die hubraumstarken Muscle Cars.